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Pressespiegel
Münchner Merkur 3. April 2003
FREIE HAND
München: Kunst im Bunker
v on Freia Oliv
Das erste Gefühl ist Beklemmung. Dicke Betonwände, schwere
Eisentüren, enge Treppen und fensterlose Räume: Der Hochbunker
in der Münchner Claude-Lorrain-Straße, Baujahr 1941, erinnert
fatal an das Leid und die Angst des Krieges. Hier sollen einmal Wohnungen
entstehen? Und bis zum Baubeginn im Herbst soll hier Kunst einen öffentlichen
Raum finden?
Das Projekt des Architekturbüros Uwe Binnberg und des Bildhauers
Christoph Nicolaus ist gewagt. 40 Künstler haben sie eingeladen,
in den nächsten vier Monaten jeweils von Donnerstag bis Sonntag mit
Installationen, Konzerten, Filmen, Tanz, Theater, Literatur und Ausstellungen
das historische Gebäude umzufunktionieren und Hemmschwellen abzubauen.
Von den Eintrittskarten wird je eine Euro einer Kinderhilfe zugute kommen.
Der Verkauf des Bunkers war im Stadtrat umstritten, das Gebäude gilt
als erhaltenswert. Binnbergs Umgestaltung ist gerade in der Genehmigungsphase:
Er will die Fassade des achteckigen Turms später einmal auf einer
Breite von acht Metern mit Glasfenstern öffnen, zwei Stockwerke in
lichter Stahl-Glas-Manier mit Panoramablick aufsetzen und innen frei gestaltbare
Grundrisse anbieten. Bis dahin ist es ihm „eine Freude zuzusehen,
was passiert“: Die Künstler haben freie Hand, die finanziellen
Mittel sind in der Gesamtinvestition enthalten.
Start der wöchentlichen Aktionen ist heute (19 bis 1Uhr): Christina
Ruf installiert auf drei Stockwerken zum ersten Mal ihre virtuelle U-Bahn-Fahrt,
wo sich jeder Besucher seinen Anschluss auf den Gängen, seine Hörerlebnisse
in den Wartesälen und auf den Sitzen via Kopfhörer, seine Pausen
am Kiosk sucht. Modernen Zeitbegriff und imaginäres Reisen thematisiert
sie im historischen Gebäude. Gleichzeitig fängt Christoph Nicolaus
seinen „Museumsbesuch an: 120 Tage lang projiziert er im ständigen
Wechsel Daten und Titel von Kunst-Ikonen.
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