^
6 : 9
WELTVERSPRECHEN
übersicht>

ausstellung>
videoprogramm>
veranstaltungen>

6 : 9

Weltversprechen


Zwei Videokunst Programme, die für das Fünf Seen Filmfestival zusammengestellt wurden laufen
in der Ausstellung als Loop.

Kuratiert von Juschi Bannaski, Rasha Ragab, Roman Wörndl und Christoph Nicolaus.

programm I  >
mit arbeiten von:   agnes jänsch>   bjørn melhus>   christoph brech>   daniel permanetter>   david bertram>   graham garrẽtt uhelski>   jess macneil>   julian rosefeldt>   marcus kaiser>   mohau modisakeng>   nicolas humbert&werner penzel>   nira pereg>   sven johne>   toffaha>   veronika veit>   william kentridge>  


programm II >
mit arbeiten von:   almut determeyer>   anuk miladinovic>   christoph brech>   haubitz+zoche>   Liuba>   marcus kaiser>   philipp lachenmann>   roman woerndl>   susanne wagner>   sven johne>   toffaha>   haikal noyes>
 






programm I :

DAS FREMDE IM EIGENEN


„Die Götter sitzen in der Gestalt von Fremden neben uns“

(Homer)


Die Furcht vor dem Fremden wird hier aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und das Fremde im Eigenen befragt. Die ausgewählten Beiträge spiegeln persönliche und gesellschaftliche Identitäten und erzählen von der Komplexität des Fremden im vielschichtigen Eigenen.



    

Agnes Jänsch, "Wir waren sehr glücklich" 2014 (10')




Zusammenfassung:
Die Videoinstallation „Wir waren sehr glücklich“ erkundet in experimenteller Weise die narrativen Qualitäten des filmischen Loops. Drei mit statischer Kamera gefilmte Szenen, die von Fotografien der 1950er Jahre inspiriert sind, zeigen eine in Handlungsschleifen gefangene Familie der Wirtschaftswunderzeit. Es verschränken sich non‐lineare Erzählweise und inhaltliche Ebene zu einem klaustrophobischen Kammerspiel.

Von zentraler Bedeutung ist dabei, dass die Loops in dieser Installation nicht technisch erzeugt, sondern von den Darstellern gespielt werden. Hierbei verschieben sich die Handlungsschleifen und Texte der einzelnen Akteure zueinander. Die Dialoge und Interaktionen zerfallen, wodurch neue
Bedeutungsebenen generiert und die zunächst scheinbar realistischen Szenen abstrahiert werden. Obwohl in der Wirtschaftswunderzeit verortet, stellt die Installation im heutigen gesellschaftlichen Kontext aktuelle Fragen, wie die nach dem Verhältnis von wirtschaftlichem Erfolg und zwischenmenschlicher Empathiefähigkeit oder der Relation von Selbstdarstellung und innerem
Befinden.

Inhalt:
Die Installation zeigt drei auf den ersten Blick alltägliche familiäre Situationen zur Zeit des deutschen Wirtschaftswunders: Eltern und Tochter stellen sich für ein Familienbild auf, Mutter, Sohn und Schwiegertochter sitzen im Wohnzimmer zusammen und die ganze Familie trifft sich an der
sonntäglichen Kaffeetafel. Bereits nach kurzer Zeit bricht die jeweilige Handlung jedoch ab, die Darsteller führen ihre Interaktionen nicht fort und die Sequenzen beginnen von vorne. Die Gespräche der Akteure wirken dabei zunächst alltäglich und banal, bei genauerer Betrachtung verfügen sie jedoch über einen Subtext, der durch Seitenhiebe und Andeutungen viel über das
Verhältnis der einzelnen Familienmitglieder zueinander und über die Atmosphäre innerhalb der nach außen sehr respektabel wirkenden Familie verrät.
Die Handlungsschleifen werden nicht, wie sonst bei Videoloops üblich, durch Wiederholung des Abspielvorgangs erzeugt, sondern von den Darstellern gespielt. Nach zwei Durchläufen beginnen die Loops der einzelnen Charaktere sich zeitlich gegeneinander zu verschieben, wodurch die Texte und Handlungen ihren ursprünglichen Bezug zueinander verlieren. Die gesamte Dialogstruktur wird auf diese Weise dekonstruiert, es entstehen zeitliche Versätze, Gesprächsbeiträge laufen ins Leere und es ergeben sich überlange Pausen sowie Textüberlagerungen. Jeder Akteur ist in seiner individuellen Schleife gefangen und bewegt sich in seinem eigenen Mikrokosmos. Die bereits von Beginn an spürbare Beziehungslosigkeit der einzelnen Personen zueinander findet hier eine surreal wirkende formale Entsprechung. Es prallen repräsentative
Außenwirkung und innere Leere aufeinander. Ausgehend von einer scheinbaren Normalität entwickeln sich absurde Szenarien, die beim Betrachter wachsendes Unbehagen erzeugen.

http://www.agnes-jaensch.de



Bjørn Melhus, "Das Zauberglas (The Magic Glass)" 1991 (6')





Melhus macht ernst mit dem schizoiden Charakter des Ichs, von dem verlangt wird, jede Form annehmen zu können. Bei ihm erscheinen die Fragmentierungen jedoch nicht als Leistungs- anforderungen, sondern als Tröstungen. Die medialen Sehnsuchtsmetaphern (von der Film- und Fernsehindustrie reichlich geliefert), die wie gute Feen ins Leben treten und Gestalt annehmen, sind Spiegelungen, die sich zu einem Kaleidoskop der Identitätsteile vervielfachen. "Consolation service" á la Melhus "Du bist nicht allein" (vgl. seine Ausstellung You are not alone, 2001) Strukturell gleicht diese Idylle einer verdrängten traumatischen Erfahrung, die als Beunruhigung in seinen Arbeiten spürbar ist. Die Souveränität, mit der Melhus jede Facette dieser medialen Bilder selbst verkörpert, als sein Selbst inkorporiert, macht den Humor aus und beglaubigt die Selbstgenügsamkeit dieses präpubertären Kosmos.
"Das Zauberglas" zeigt den Anfang von Melhus' Auseinandersetzung mit der telematischen Wunschproduktion. Es betrachtet die Subjektivität in Bezug auf die Medienkultur, anschauen und angeschaut werden, sowie die Stellung von “Selbst” und “Nicht Selbst”.
Ein sich rasierender Mann begegnet seinem weiblichen Alter Ego im Zauberglas, dem Fernseher... Ein Märchen vom Kommen und Gehen, von der Magie, der Anziehungskraft und der Unfaßbarkeit des virtuellen Bildes.
Die Dialogtexte sind Kondensierungen aus dem Film Broken Arrow (Der gebrochene Pfeil, Regie: Delmer Daves, mit James Stewart)

http://melhus.de




Christoph Brech, "Porträt Wolfgang Koch" 2013 (8:13’)

Courtesy Porträtgalerie Bayerische Staatsoper München














2013 wurde die Porträtgalerie der Bayerischen Staatsoper in München zum 50 jährigen Jubiläum der Wiedereröffnung durch 21 neue Porträts ergänzt. Christoph Brech schuf das bislang erste Videoporträt dieser 1899 gegründeten Sammlung. Der Bariton Wolfgang Koch schlüpft in ständiger Überblendung in 7 Rollen*, ohne sein wirkliches Gesicht preiszugeben während sein Blick den Betrachter fixiert.

*Wotan (Der Ring d. Nibelungen, R. Wagner), Don Pizarro (Fidelio, L. v. Beethoven), Sir John Falstaff (Falstaff,s G. Verdi), Alberich (Der Ring d. Nibelungen, R. Wagner), Johanaan (Salome, Richard Strauss), Carlo Borromeo ( Palestrina, H. Pfitzner), Don Giovanni (W. A. Mozart).

http://christophbrech.com/e/index.html






Daniel Permanetter, "My 115th Dream" 2007 (2:22')







Es gibt keine zuverlässigen Berichte darüber, in welchem Verhältnis Bob Dylan und Daniel Permanetter zueinander stehen. In den Videoarbeiten treffen sie immer wieder in kurzen, alltäglichen Settings aufeinander: Im Bus, im Kino, ohne einander auf glaubwürdige Weise näherzukommen. Was sie miteinander verbindet ist etwas zutiefst Menschliches. Die Unmöglichkeit, davon abzulassen, eigene Beobachtungen zu formulieren und sich über das Erzählen von Geschichten mit den grossen, letztlich unbeantwortbaren Fragen nach Leben, Liebe, Schönheit und dem Tod zu beschäftigen. Unerschöpfliche Themen, zu denen Dylan sich fast ausnahmslos mindestens einmal auf pointierte Weise geäussert hat.

http://www.danielpermanetter.info





David Bertram, "Data - don’t sing" 2015 (3:53')




My goal was to tackle the character’s unconscious with their social identity and the importance of appearance. Each sequence had to express a key moment of the characters’ trajectories and that such a construction stays understandable in 3 minutes. We needed an organic way to make those paths collide - the car crash. The intricated narration, those numerous characters and the diversity of the sets allowed us to support the rhythm of the music – which was crucial.

http://www.davidbertram.fr/David-Bertram





Graham Garrẽtt Uhelski, "Doppelgänger" 2015 (9:49')






















An trespassing hunter is tracking a moose in the woods and it eventually leads him into an abandoned train tunnel. When he enters he find himself falling into a repetitive nightmare, where he has to think outside the box to escape.

https://www.facebook.com/graham.uhelski








Jess MacNeil "The Shape of Between" 2006

Digital Video, full colour, 12 minutes 59 seconds on an infinite loop.
Sound by Marcus Kaiser



This work is came about following residency in India where the focus of my research was experiences of public space. A renewed awareness of the strange transience of human habitation, and a heightened sense of the discrepancy and contingency of individual understanding of shared territory were the culmination of this research, and inform this work.

The Shape of Between was filmed on the Ganges River, Varanasi, India.  The work is based on 100 seconds of footage featuring four boats which traverse the river, their position relative to one another changing constantly.  I have slowed the footage down and repeated it, looping it forwards and backwards.  The footage is digitally stabilised, “anchored” around each boat in turn and subsequently the perceived trajectory of the boats alters subtly with each repetition, as does the overall composition of the group within the frame. A digital zoom in and out on the focal or “anchor” boat emphasizes this continual subtle repositioning of the subject and makes apparent the vantage point of the viewer/maker. The boats’ movement relative to one another drifts the composition around the screen, a continuous revisiting and repositioning of the subject.

http://jessmacneil.com





Julian Rosefeldt, "Asylum" 2001/2002 (14:16')

(Kurzfassung einer 9-Kanal-Filminstallation)





With the nine-screen film installation Asylum (2001/2002) Rosefeldt sets up a visually opulent and highly stylised theatrical environment in order to examine and deconstruct the stereotypes associated with immigrant citizens and the idea of ‘the other’.

According to the number of channels, the work deals with nine different ethnic groups or nationalities, including Chinese, Vietnamese, Turkish, Kosovan-Albanian and Afghan. A hundred and twenty ‘performers’, many of whom are immigrants living in asylum seekers’ hostels, literally ‘act out’ their existence as foreigners by repeatedly executing typical, cliché-ridden jobs in exuberant settings: women with head scarves vacuum-clean a cactus garden; Asian cooks sit in a monkey house, tearing up the Styrofoam packaging of takeaway food; a pile of newspapers that has been stacked and restacked by paperboys is whirled through the air by a giant turbine. The hypnotically slow motion of the camera, its pendulum-like movement within the picture frame, emphasises the ritualistic and nonsensical aspect of the tasks being performed: its profoundly Sisyphean quality. Always portrayed as homogeneous groups, the performers are stripped of their individuality, thus depicting the way in which people tend to look generically at ‘the other’.
Far from adopting a documentary approach, the artist has constructed subjective and tightly controlled compositions – tableaux vivants, at times reminiscent of traditional fine art, at others playing on pure kitsch. The work questions a compliant ‘aesthetic correctness’ (in analogy to the concept of ‘political correctness’) in the contemporary art world, where an almost journalistic attitude is often seen as the only way of dealing with today’s political hot spots and socially taboo subjects.
(Summarised from Stefan Berg and Katerina Gregos, in: Julian Rosefeldt: Film Works (2008))

http://www.julianrosefeldt.com





Marcus Kaiser, "10 minutes#2" 2014 (10:20')



eine aus 2 Bildern zusammen- gesetzte stille Ansicht einer Stadt . erst beim 2. Blick entdeckt man Bewegung . Rauch steigt auf . in einer Strassenschlucht fahren kleine Autos . ab und zu fliegt ein Vogel irgendwo zwischen den Häusern . die Türme reichen bis in den Himmel . wie aus einer anderen Welt erhebt sich eine Pyramide im Hintergrunddunst über der Stadt . der Lärm der Stadt wird lauter und lauter . das Vogelgezwitscher hält lange stand gegen das übermächtig werdende Tosen der Stadt .

http://www.opernfraktal.de






Mohau Modisakeng "Inzilo" Digital Video 2013 (4:57')










Video Synopsis
Inzilo is an isiZulu word meaning ‘mourning’ or ‘fasting’. As in many of his films and images, Modisakeng’s body occupies centre stage in this work. He enacts a mourning ritual by sitting, standing, and rotating slightly, all the while throwing a burnt, ashy substance into the air. Extreme close-ups of his body begin to suggest the shedding of a skin, as though the ash is falling from his limbs as the ritual proceeds. He performs an elaborate rite of passage in which the initiate seems to draw the material for his transition from within his own body. In the absolute purity and focus of the moment, Modisakeng is turned inwards but gesturing outward, undergoing a mysterious transformation that is at once a private ceremony and a public declaration.

http://www.mohaumodisakengstudio.com






Nicolas Humbert & Werner Penzel, "Lax Readings" 2006 (13')










Der Raum einer Stimme gibt dem Gesagten erst seine wirkliche Bedeutung.
In ihm wird spürbar, was eigentlich hinter den Worten liegt. Eine Stimme kann wie eine Landschaft sein. Bei niemandem, dem wir auf unseren filmischen Pfaden begegnet sind, war das so spürbar wie bei Robert Lax. Und über allem Gedanklichen schwebt immer seine unvergleichliche Heiterkeit. In diesen Raum kann man eintreten, wenn man ihm eine Viertelstunde lang bei der Lesung seiner Gedichte zuhört, die wir in LAX READINGS versammelt haben.

Robert Lax’ poetisches Werk lebt von der Suche nach höchstmöglicher Verdichtung von Sprache – bis hin zu einzelnen Worten und Silben, die als Essenz von Sprache übrig bleiben. Das künstlerische Konzept der Reduktion, in dem die Pause so wichtig ist wie das Gesagte, macht ihn zu einem Verwandten des amerikanischen Komponisten John Cage.

Robert Lax (1915 – 2000), amerikanischer Dichter der ‚minimal art’. Sein Name verbindet sich mit dem Maler Ad Reinhardt, dem Religionsphilosophen Thomas Merton und dem Dichter Jack Kerouac, mit denen Lax freundschaftlich verbunden war. Nach Jahrzehnten des Nomadisierens zwischen Amerika und Europa als Dichter, Clown und Wandermönch findet er Anfang der 60er Jahre seinen eigentlichen Ort auf der kleinen griechischen Insel Patmos. Dort lebt er mehr als 30 Jahre zurückgezogen und doch gleichzeitig in lebendigem Austausch mit der Welt.

http://www.cinenomad.de




Nira Pereg "Sabbath 2008" 2009/10 (7:12')





The work “Sabbath 2008” documents the closing down of the ultra-orthodox neighborhoods in and around Jerusalem on the eve of the Sabbath. In most cases, public access to these neighborhoods is blocked by means of temporary barriers, which stay put for 24 hours – thus creating an artificial border between these areas and the rest of the city. The barriers are put in place by neighborhood residents, with the approval and support of the Jerusalem municipality and the police. Once the barriers are erected, no cars are allowed into Jerusalem’s ultra-orthodox neighborhoods. The city is thus topologically transformed into two cities – with and without cars. Building on this ritual, Sabbath 2008 is a photographic ritual that can only be performed at a designated time and in designated places. Although the value of these somewhat rickety barriers may appear above all symbolic, their presence is a source of friction and conflict; they delineate a clear-cut boundary between the sacred and the mundane.

http://nirapereg.net/Home_page.html




Sven Johne, "A sense of Warmth" 2015 (15:35')





„I’m not going to make it. I’m a loser. Not good enough. I’m cold. Exhausted. Thirty-three years old, fucked by life.“ – So die ersten Sätze von Mindy, der Protagonistin aus Sven Johnes neuer Videoarbeit „A Sense of Warmth“. Jene Mindy bleibt den gesamten Film aber unsichtbar, wir hören nur ihre schöne Stimme, ihren eindringlichen Bericht, der pittoresken SW-Bildern unterlegt ist: Mindys angeblicher Ausstieg aus der digitalen Arbeitswelt, ihre Überfahrt auf eine einsame Insel, ihr neues Leben, fortan im Einklang mit sich und der Natur. „A Sense of Warmth“ ist verführerisch, weil uns der Film ins vermeintlich „echte“ Leben – ja, Paradies –  katapultiert, in ein Leben ohne Ausbeutung, Krieg, Umweltzerstörung, kurzum: in ein Leben ohne Kapitalismus. Mindy entwirft eine geradezu biedermeierliche Utopie – und wir sind bereit, ihr das gern glauben. Allerdings hat dieser Eskapismus einen Preis und Mindy, die schöne Stimme, ist bereit, ihn zu bezahlen…

http://www.svenjohne.de




Toffaha, "Sayal"  2013/16  (8:40')












Eine Hütte aus Fenstern und Fensterläden. Draussen weht ein starker Wind durch die Landschaft. Drinnen, ein Tisch mit Zeitungsstapel. Ein Holzofen. Hohes Gras wächst durch die Fensterläden. Reglos steht eine schwarz verhüllte Gestalt zwischen Tisch und Ofen vor einem Fenster. Bei ihr ein weisser Windhund und ein fleischiger Knochen. Der Hund verändert seine Positionen.
(Toffaha ist das Künstlerpaar Rasha Ragab und Christoph Nicolaus)

http://www.toffaha.org





Veronika Veit, "Die Faust" 2010 (4:44')






…In dieser Arbeit leuchtet die Künstlerin das Verhältnis ihrer beiden Protagonistinnen genau aus. Verbunden sind Mutter und Tochter durch das typisch weibliche Ritual des Garnwickelns beziehungsweise durch einen grauen Wollfaden. Die Mutter scheint zufrieden, ganz von ihrer Rolle ausgefüllt;das Mädchen ist zwar folgsam, aber in ihrer Haltung liegt auch Trotz. Ihr Verhalten ändert sich auch den nicht, als plötzlich ein fisch aus der Kaffeekanne springt. Die Mutter behält autoritär die Kontrolle über das Geschehen und beißt dem Störenfried letztendlich den Kopf ab. Danach zieht sie sich wie alle Monstermütter in Seelenruhe die Lippen nach.

Aus: Mythos Kindheit, Andrea Holzherr, Kunstverein Ludwigshafen, Nürnberg, 2010

http://www.veronika-veit.com/cms/





William Kentridge "Felix in Exile" 1994 (8:54')







Seit den 1980er Jahren produziert Kentridge Animationsfilme, in denen er die Geschichte und die sozialen Umstände Südafrikas reflektiert.
Felix in Exile entstand 1994 während der die ersten freien Wahlen in Südafrika begleitenden öffentlichen Debatten um den Zusammenhang zwischen der Verteilung des Landbesitzes und der Herausbildung von Identität. Erzählt wird die Geschichte des in Paris lebenden Exilanten Felix und der Landvermesserin Nandi. Sie ist sein Alter Ego und steht ebenso für die Sehnsucht nach Heimat, wie sie an seiner statt Zeugnis ablegt über die Ereignisse im neuen demokratischen Südafrika. So wie ihn in seinem Zimmer die Angst und die Erinnerung überfluten wird, so schlägt über Nandi, die erschossen wird, die Erde zusammen.
Im Spiegel finden sich ihre Blicke. Die eigene zeichnerische Produktion überflutet sein karges Zimmer, wie das Wasser, die Erinnerung und die Sehnsucht. Nandi hingegen ist eingebettet in kosmische Weite, die sich im Elend des schwarzen Südafrikas bricht. Nandis Vermessungsinstrumente suchen in der Topografie der Landschaft nach Spuren der Geschichte, nach einem Maß für das Sein, nach einer Richtung.

https://en.wikipedia.org/wiki/William_Kentridge








^ nach oben
















































programm II :

ICH GLAUBE AN NICHTS, ODER?


Die im Spannungsfeld zwischen religiösem Fundamentalismus und weltlicher Orientierung geführte Diskussion verleiht dem Thema Glaube eine neue Bedeutung.  
Eine klare Orientierung wird durch die Vielfalt der Optionen immer komplizierter. Die ausgewählten Videoarbeiten zeigen Positionen, die das Thema vielschichtig reflektieren.

 



Almut Determeyer, "Paradiesgärtlein" 2010 (0:47')















"Paradiesgärtlein" beruht auf dem Gedanken des Überflusses als Lebensspender. Er zeigt eine nackte Frau, die, indem sie Milch versprüht, ein Paradies schafft.







Christoph Brech, "Le Chiavi (Die Schlüssel)" 2013 (6')




Eine sandgestrahlte Glastüre, auf der das päpstliche Wappen der überkreuzten Schlüssel erkennbar ist, schwingt langsam hin und her. Das Wappen pendelt jedoch nicht nur in der Angel der schwingenden Türe, sondern zwischen Bildschärfe und Unschärfe, zwischen Eindeutigkeit und Verschwommensein. Dahinter bewegen sich farbige Schatten von links nach rechts.
Motor dieser Bewegung sind die täglich zu tausenden durch diese Türe in die Vatikanischen Museen drängenden Besucher. Sie drücken sich gegenseitig pausenlos die (nicht vorhandene) Türklinke in die Hand, ohne dabei hinter dem sandgestrahlten Glas als Individuen wahrgenommen zu werden.
In der Tonspur des Filmes erklingt das Glockengeläute der St. Peter Kirche in Rom in einer stark verlangsamten Aufnahme vom 13. März, 2013. Es verkündete nach den Tagen der verschlossenen Türen des Konklaves die Wahl des neuen Papstes Franziskus.
Der Film changiert zwischen Eindeutigkeit und Verschwommenen, zwischen dem zeitlos Alltäglichen und dem historischen Augenblick eines individuellen Menschen.




Liuba, "The Finger and the Moon project #2" 2009-2010 (12:38')



















The Finger and the Moon project #2 has been performed in Saint Peter's Square, in the heart of Vatican State.
A nun in the Vatican is a normal figure, mixed with all nuns of the myriad of congregations walking in Saint Peter. But seeing a nun who prays in other religions caused a short-circuit and many different reactions: surprise, devotion, shock, agreement, interest and at the end Police stopped the artist, arguing that she was not praying in a 'normal' way
What is very new in this project is the simultaneous show of the performance in different cities in the world. Using the new possibility of technologies the new interactive public art performance have been seen live in different part of the world, that in this way were symbolically connected as part of a network. A website and a blog has been designed for the project too www.thefingerandthemoon.net




Marcus Kaiser, "10 minutes" 2014 (10:20')






Zeit
und
Kreatur
 








Anuk Miladinovic, "Access" 2012 (9:17')


















In kühler Architektur öffnen sich hintereinander liegende Fahrstuhltüren wie Gardinen. Verheißungsvoll öffnet sich Tür um Tür. Es zeigt sich jedoch nur Tristesse. Wie nicht eingelöste Versprechen erscheinen U- Bahnen und eine Gänge und Treppen wischende Putzfrau. Auftauchende Menschen sind anonym, emotions- und beziehungslos. "Fern jeder eindeutigen Moral oder Symbolik wird eine emotionslose Welt vorgeführt, die Raum für Emotionen lässt." (Greta Hoheisen)








Susanne Wagner, "Anonymous (Selbstporträt 12)" 2012 (3:17')





Die Künstlerin stellt neun Charaktere mit Anonymous-Masken dar, die über das Verschieben von Farbplatten immer neue Farbkonstellationen erzeugen. Text und Bild thematisieren den engen Bezug zwischen der Occupy-Bewegung und der zeitgenössischen Kunst und wer wen für seine Zwecke benutzt. Die Dekonstruktion der Anonymous-Masken verknüpft Anonymität und Selbstbildnis.





Haubitz + Zoche, "Vertigo" 2013 (7:37')






(single screen Version einer Videoskulptur, Emscherkunst 2013)
Aufnahmen von im Wasser treibenden Autos und überfluteten Straßenzügen alternieren mit Bildern von zwei Synchron- schwimmerinnen, die sich in einer seltsam anmutenden Choreografie unter Wasser bewegen: Die Schwerkraft ist aufgehoben, Oben und Unten verschwimmen miteinander, die Schwimmerinnen scheinen den Bezug zu ihrer Umgebung verloren zu haben, sie sind versunken in einer anderen Realität. "Vertigo ist als subjektive Reflexion über unseren Umgang mit Medienbildern im Kontext des anthropogenen Klimawandels lesbar" (Haubitz+Zoche).




Philipp Lachenmann, "SHU (Blue Hour Lullaby)" 2002/2008 (12:27')









Ein isoliert stehendes Hochsicherheits- gefängnis in der kalifornischen Mojave-Wüste zur Zeit der Blauen Stunde. Während im Gefängnis langsam die Scheinwerfer angehen, erscheinen parallel dazu im Abendhimmel immer mehr Lichter von Flugzeugen im Anflug.






Roman Woerndl, "Best of Paradise" 2013/2014 (15')















zeigt eine Dokumentation der gleichnamigen Videoperformance von 2013/2014. Neun Vogelhäuser, die Architekturmodelle von fünf Weltreligionen und vier weltumspannenden Ideen und Ideologien darstellen, wurden während eines dreimonatigen Feldversuchs in der Natur aufgestellt. Sie dienten, gleichberechtigt nebeneinander stehend, den Vögeln als Futterstelle. Welcher Glaubensrichtung würden sich die Vögel zuwenden?






Toffaha, "Nilnassmandu" 2014 (13')





Toffaha (arabisch Apfel) ist das Künstlerpaar Rasha Ragab und Christoph Nicolaus. Ihre Videos, Fotos und Performances entstehen aus den Verwebungen ihrer unterschiedlichen kulturellen Prägung als Afrikanerin und Europäer, Ägypterin und Deutscher, Nubierin und Bayer, schwarz und weiß, Muslima und Christ sowie aus dem arabischen und germanischen Kultur- und Sprachraum entstammende Frau und Mann.






Haikal Noyes, "kleiner Mann" 2011 (0:43')












Kleiner Mann ist ein experimentelles Selbstportrait, das einen humorvollen Verweis auf die Existenz eines übergeordneten Ratgebers zeigt.





    








^ nach oben